Conor Oberst, Teamplayer

Bright Eyes treten auf dem nahezu perfekten Album “Cassadaga” erstmals als Band im klassischen Sinne auf.

“Would you agree times have changed?”, fragt Conor Oberst am Ende des ersten Songs der neuen Bright-Eyes-Platte. Spätestens einen Song später muss man diese Frage vehement bejahen. “Four Winds” ist zugleich der wohl fröhlichste wie auch düsterste Song, den Conor Oberst je geschrieben hat. Im Text stellt der 27-jährige aus Omaha den Sündenpfuhl Babylon direkt neben Jesu´ Geburtsstadt Bethlehem. Begleitet werden die finsteren, beinahe apokalyptischen Worte von einer swingenden Countrymelodie mit fröhlichen Fiedeln und einer zufrieden pfeifenden Orgel. Noch auffälliger als dieser fast paradoxe Kontrast ist aber etwas anderes: Bright Eyes klingen zum allerersten Mal wie eine Band im klassischen Sinne. Bisher waren Bright Eyes ja vor allem Conor Oberst (mal verzweifelt wie auf “Lifted or the Story is in the soil, keep your ear to the ground”, mal hoffend und flehend wie auf “I´m wide awake it´s morning”) und eine Handvoll im Hintergrund agierende Musiker. Dieses Konzept des entrückten Folk-Musikers wird auf “Cassadaga” nun aufgegeben für einen ausgereiften und nahezu perfekten Bandsound, der immer irgendwie mehr oder weniger countrylastig ist. Opulenter als zu Beginn des Albums geht es auf “Hot Knives” zu, wo erstmals ein paar Streicher zum Einsatz kommen, die ein kleiner Vorbote des ausgewachsenen Orchesters sind, das kurz darauf auf “Make a plan to love me” aufgefahren wird, um Textzeilen wie “Life is too short, death doesn´t ask, it don´t owe you that” die nötige Dramatik zu verleihen. Gemächlicher und etwas ruhiger ist das nicht minder grandiose “Soul singer in a session band”, ein Folk-Song von klassischem Zuschnitt. Mittlerweile stehen also auch andere Personen als der Songwriter selbst im Mittelpunkt der Songs aus Obersts Feder, was ihnen - und das ist wirklich der einzige Wermutstropfen an dieser Platte - ein wenig von der Intimität nimmt, die man von den älteren Alben gewohnt ist.
Dennoch ist “Cassadaga” eine konsequente musikalische Weiterentwicklung. Nie zuvor hat Conor Oberst stärkere Songs geschrieben als jetzt. Noch zu Zeiten von “I´m wide awake it´s morning” wurde Oberst als der neue Bob Dylan ausgerufen. Spätestens mit “Cassadaga” hat er sich von dieser schweren Last befreit. Wer in so jungen Jahren bereits ein halbes Dutzend wegweisender Alben vorweisen kann, muss sich nicht mehr an anderen messen lassen, sondern ist vielmehr selbst ein Maßstab geworden.
Überhaupt - allzu verändert klingen Bright Eyes auf “Cassadaga” gar nicht. Immer noch umweht die phantastischen Songs ein Hauch des Geheimnisvollen und Weltvergessenen. “So I have become the Middlman, the gray areas are mine, the in-between, the absentee, is a beautiful disguise”, heißt es dazu passend im Song “Middleman”.
Letzten Endes ist “Cassadaga” ein weiteres Meisterwerk im an Meisterwerken nicht armen Backkatalog von Bright Eyes. Eine Platte, die beinahe überquillt vor Kreativität, die voll gestopft ist mit grandiosen Einfällen, großen Melodien und Texten, die sich so schön lesen wie Gedichte. Ein großer Wurf, eine Offenbarung. Schon jetzt das Album des Jahres 2007.

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